Sind EU-Skeptiker geborene Feinde der Demokratie?

Renners ReVision vom 30. März 2019

Eine gewagte, aber dennoch ambitionierte Überschrift. Der politisch korrekte, moralisch vermeintlich überlegene Bessermensch wird vermutlich bereits jetzt hyperventilierend nach seiner immer in griffbereiter Nähe hängenden Atemmaske greifen.

Demokratie ist die Gesellschaftsform, in der jeder das sagen kann, was der andere nicht hören will. Das Gegenteil von Demokratie ist bekanntlich der Totalitarismus. Der Totalitarismus wiederum ist die perfide Steigerung der Diktatur: Eine „nur“ autoritäre Diktatur ist letztlich auf bloßen, aber bedingungslosen Erhalt absoluter Macht fixiert.

Der Totalitarismus, bzw. die totalitäre Diktatur aber geht noch weiter: Angestrebt wird die maximale ideologische Durchdringung der gesamten Gesellschaft und seiner Mitglieder. Die vorherrschende Ideologie wird zur einzigen Messlatte, mittels derer ein „neuer, besserer“ Mensch entstehen soll, der in der Gesamtheit seiner Mitglieder die neue Gesellschaft bilden wird.

Mittel des Totalitarismus: Diffamierung, Tabuisierung und Ausgrenzung

Zu diesem Zweck müssen alte Übereinkünfte, gemeinschaftliche Werte, Traditionen, die die Fundamente der ursprünglichen Ordnung bildeten, aufgekündigt, nein, hinweggefegt werden. Die Mittel hierzu sind Diffamierung, Tabuisierung und Ausgrenzung, die nicht zuletzt auch von den Medien eingesetzt werden. Eine Medienlandschaft, die sich von der ihr in einer Demokratie zukommenden Aufgabe, die Kontrolleure der politischen Macht zu sein, schon sehr weit entfernt hat. Die sich in ihrer neuen und angemaßten Rolle, Herolde – Boten – der politisch Mächtigen zu sein, selbstverliebt eingerichtet haben. Joseph Pulitzer, der Stifter des Pulitzerpreises, hat schon um 1900 davor gewarnt und festgestellt: „Eine zynische, käufliche und demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst.“

Es liegt auf der Hand, dass zur Durchsetzung dieser totalitären Ideologien die aktive, politische, kulturelle Einbindung möglichst aller sozialen Schichten, das heißt aller zu Beherrschenden und aller Beherrschten, zur Staatsräson erhoben wird. Massenhafte politische Mobilisierung, Agitation und Propaganda einerseits und maximale Ausgrenzung, Stigmatisierung, Tabuisierung „abtrünnig“ Andersdenkender andererseits, sind typische Merkmale des Totalitarismus.

Zur Erreichung dieses von einer politischen und wirtschaftlichen (Pseudo)Elite angestrebten totalitären Zustands werden selten bis nie rationale Argumente und Vorstellungen in das wenig Widerstand leistende gesellschaftliche Publikum gestreut. Dafür aber umso mehr Begründungen und Szenarien, die man irrational, emotional und affektiv nennen muss. Gewürzt mit einer reichlichen Prise an (hyper)moralischen Ermahnungen und Fingerzeigen der staatlich alimentierten Nannies und ihren Institutionen.

In Brüssel hat man „abtrünnige Andersdenkende“ längst ausgemacht

Man denke bloß an die EU-weit propagierte Multi-Kulti-Begeisterung, die ja ach so bunt sein soll – in Wirklichkeit jedoch burkaschwarz daherkommt. Oder an den grassierenden Diversitätswahn und den europaweiten Gendergaga. Man denke an die Klimarettungs-Hysterie, die ein 16jähriges Mädchen zur allgegenwärtigen, preisüberhäuften und potentiellen Friedens-Nobelpreis-Trägerin emporhebt.

In den Hauptstädten der EU-Anbetung und auch in Brüssel hat man die  „abtrünnigen Andersdenkenden“ jedenfalls längst ausgemacht. Es sind die Kritiker der oben erwähnten Ideologien, es sind die Skeptiker einer sich immer deutlicher zeigenden „Refeudalisierung“ der politisch und wirtschaftlich Hochmögenden. Es sind die „Rechtspopulisten“, die angeblich allesamt „Europa-Feinde“ sein sollen. Es sind die „Radikalen“, die als patriotische Verfechter des Nationalstaats und seiner kulturellen Grundlagen sowieso unter dem (unbegründeten) Generalverdacht der Befürwortung finsterster Zeiten stehen.

Heureka – fertig ist der politische, ideologische Kriegsschauplatz.

Hier die selbsternannten Verteidiger der Demokratie – verschanzt hinter infantilen, irrationalen schwarz-rot-grünen Ideologie-Phantasmen. Dort die rechts-rationalen Kritiker, die stigmatisierten Rechts-Populisten, die angeblichen Feinde der Demokratie. Diejenigen, die in Wirklichkeit und aus tiefstem Herzensgrund eben die durch die eigensüchtigen Eliten in Gefahr gebrachte Demokratie zu retten versuchen.

„Demokraten“ Manfred Weber und Angela Merkel

Zwei Aspekte sollten an dieser Stelle auffallen. Erstens: Unterschiedliche Auffassungen zu Gender-Gagaismus, Klimahysterie oder Multi-Kulti-Wahn haben rein gar nichts mit Befürwortung oder Ablehnung des demokratisch verfassten Rechtsstaates zu tun. Das gilt im Übrigen auch für eine „pro oder kontra“-Haltung gegenüber der EU als Institution. Daraus folgt zweitens: Hier findet bewusst eine unzulässige, fundamental ideologie-basierte Vermischung zweier nicht vergleichbarer Themenkomplexe statt.

Es sollen also sowohl der Ideologiekritiker als auch der EU-Skeptiker zum Demokratiefeind erklärt werden. Und daraus folgend müssten diesen die demokratischen Grundrechte, wie Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und die Teilnahme am demokratischen Diskurs, zwingend abgesprochen werden. Man denke beispielsweise an die jüngsten Äußerungen des EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU), der ja sogar EU-Kommissionspräsident werden soll, nach denen den EU-kritischen Parteien die gesetzlich vorgesehene Staats-Finanzierung verweigert werden sollte.

Sancta simplicitas! Heilige Einfalt! Wie verfassungsfeindlich ist denn eine solche Forderung? Wo bleibt hier der Verfassungsschutz, wenn man ihn denn einmal braucht? Im Übrigen stellt sich hier Weber ganz an die Seite von Bundeskanzlerin Merkel, die im Oktober letzten Jahres bei der Regierungserklärung im Bundestag anmahnte, dass man Parteien, die im Wahlkampf „Desinformationen“ betreiben, doch wohl die Parteienfinanzierung streichen sollte. Sprach’s und wandte sich mit einem süffisanten Blick an die Opposition und nuschelte: „Fühlt sich hier irgendjemand angesprochen?“ „Quod erat demonstrandum“ möchte man hier rufen. Wer solche demokratischen Freunde hat, braucht keine diktatorischen Feinde mehr.

Wer also ist hier tatsächlich der wirkliche Demokratiefeind?

Wenn linke, sozialistische, irrationale Ideologie den demokratischen Diskurs überlagert und verdrängt, dann öffnet sich der Weg ins Totalitäre.

Der Demokratie droht Gefahr

Wenn aus öffentlich geäußerter Kritik „Desinformation und fake-news“ gemacht werden, dann mag das zwar der „Refeudalisierung“ der politischen und wirtschaftlichen Eliten dienlich sein, aber die Demokratie wird dadurch ernsthaft geschwächt.

So wird aus Meinungsfreiheit ein Zwang zur „richtigen“ politisch korrekten Meinung. So wird aus Informationsfreiheit ein staatlich finanzierter und reglementierter Druck hin zum bevorzugten öffentlich-rechtlichen „Qualitätsjournalismus“. Nicht Lügenpresse, sondern allseits akzeptierte Erziehungspresse.

Ja, unserer Demokratie droht Gefahr, ernste Gefahr. Allerdings nicht von der Seite, die uns das Establishment so sprach- und deutungsdominant vorgaukeln will. Nicht von der rechten, rationalen Seite geht diese Gefahr aus, sondern augenscheinlich von der sich selbst-ermächtigten Feudal-Sozialisten-Clique.

Man denke immer an das Paradoxon der Demokratie: „Man kann die Demokratie sehr leicht mit demokratischen Instrumenten und Mitteln schwächen oder gar tödlich verwunden. So, dass aus der Demokratie sehr leicht der Totalitarismus geboren wird.